Digitale Unterstützung bei der Stammdatenpflege im Agrarhandel
Trainingseinheiten für die künstliche Intelligenz bei AGRAVIS
14. September 2023
Die AGRAVIS Raiffeisen AG ist ein modernes Agrarhandelsunternehmen in den Segmenten Agrarerzeugnisse, Tierernährung, Pflanzenbau und Agrartechnik. Sie agiert zudem in den Bereichen Energie und Raiffeisen-Märkte einschließlich Baustoffhandlungen sowie im Projektbau. Als eine von fünf landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaften in Deutschland generiert die AGRAVIS mit Unternehmenssitz in Münster und ca. 6.600 Mitarbeitenden rd. 9,4 Milliarden € Umsatz p.a..
Das von AGRAVIS in 2019 initiierte Programm DOCK hat sich die konzernweite Einführung von SAP S/4HANA zur Unterstützung der warenwirtschaftlichen Kernprozesse des Unternehmens zur Aufgabe gemacht – mit consenso als Implementierungspartner.
Ein wesentlicher Teil des Programms beschäftigt sich mit dem Thema Stammdaten. Zunächst erfolgte in Schritt 1 die Einführung von SAP MDG für Business Partner (Organisationen oder Personen mit Geschäftspartnerrollen wie Debitor, Kreditor, Lieferant, Auftraggeber oder Warenempfänger). Schritt 2 ist das deutlich komplexere Vorhaben: Die Implementierung von SAP MDG-M (Material) zur Aufbereitung und Sicherstellung der ERP-relevanten Artikelstammdaten.
Die Komplexität ist leicht zu begründen, gilt es doch, die schier unglaubliche Menge von rund 125 Tsd. Artikeln allein im Raiffeisen-Markt und mehr als 14,6 Mio. Artikeln im Umfeld der AGRAVIS Technik (plus Maschinen-Daten) aus den Altsystemen in das SAP MDG-M zu überführen, um hier zukünftig die Artikelpflege für die gesamte AGRAVIS vorzunehmen.
Um eben diese Artikelpflege dauerhaft mit einem möglichst geringen Aufwand sicherstellen zu können, werden die manuellen Leistungen der AGRAVIS-Mitarbeitenden im Stammdatenmanagement zukünftig durch künstliche Intelligenz unterstützt.
Erste Use Cases für den KI-Einsatz waren schnell gefunden:
- Warengruppenvergabe
- Identifikation von Pfandartikeln, damit sichergestellt ist, dass diese in SAP mit der richtigen Materialart angelegt werden
- Identifikation von seriennummernpflichtigen Artikeln wie z.B. Motorsägen, damit an den entsprechenden Artikeln das geforderte Kennzeichen gesetzt wird
- Vorschlag der Basismengeneinheit anhand verschiedener Artikelmerkmale
- Gewichtsvorhersage auf Basis von Artikeln mit vergleichbaren Eigenschaften
In Bezug auf die technische Umsetzung wird auf eine vollständig in SAP integrierte Architektur gesetzt. Die Datenbasis für alle algorithmischen Auswertungen ist die SAP HANA Datenbank. Direkt auf der HANA werden mit der SAP Predictive Analysis Library (PAL) Klassifizierungs- und Regressionsalgorithmen ausgeführt, die auf die speziellen Anforderungen des jeweiligen Use Cases zugeschnitten wurden. Trotz der riesigen Artikelmenge kann durch die HANA als In-memory Datenbank eine performante Berechnung gewährleistet werden.
Für die Anlage, das Training und die Einplanung von Modellversionen wird das Intelligent Lifecycle Scenario Management (ISLM) genutzt. Das ISLM ist ein Framework in der Browser-basierten Fiori Umgebung, das die mit der PAL implementierten Algorithmen zentral verwaltet.
Wichtig zu wissen: Die KI muss – ähnlich wie der Mensch – zunächst lernen, welche Muster in Beispieldaten vorhanden sind, um auf dieser Basis eine Aussage über einen neu zu klassifizierenden Datensatz zu treffen.
Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus AGRAVIS- und consenso-Mitarbeitenden, spielt hierfür die Trainingsdaten je Use Case immer wieder in das System ein. Regelmäßig läuft die KI und klassifiziert Artikel neu. In einer Fiori App lassen sich die Resultate – angereichert um diverse visuelle Auswertungen – hinsichtlich der Datenverteilung einsehen. Plausible Ergebnisse können anschließend als validiertes Stammdatum übernommen werden. Validierte Artikel werden automatisch den Trainingsdaten hinzugefügt.
Mit jeder Trainingsdatenlieferung verbessert sich die KI. Und auch die beteiligten Menschen lernen dazu, über die Qualitätsanforderungen an die Artikelstammdaten in der neuen SAP-Welt ebenso wie über die Grenzen und Möglichkeiten des Arbeitens mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen.
So wird deutlich, dass die KI heute zwar vielleicht noch nicht in der Lage ist vollkommen autark und ohne Nachkontrolle zu arbeiten, aber sehr wohl mit einem überschaubaren Aufwand in elementaren Bereichen des Tagesgeschäfts sinnvoll und nutzbringend unterstützen kann.
Herzlichen Dank insbesondere an das Stammdaten-Team der AGRAVIS für die tolle Zusammenarbeit in diesem zukunftsweisenden Projekt! Wir freuen uns schon auf die nächsten gemeinsamen Schritte auf dem Weg zur Digitalisierung der AGRAVIS.
Aus unserem Competence Center Digitalisierung
Rubriken: SAP MDG - Materialstamm | Robotic Process Automation (RPA) | Künstliche Intelligenz (KI)